Haushaltsrede 2022 der FDP-Fraktion im Rat der Gemeinde Langerwehe

Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Bürgerinnen und Bürger, verehrte Kolleginnen und Kollegen,

erneut müssen wir leider feststellen, dass die Fehler der Vergangenheit uns immer noch belasten, mehr sogar noch, sie verhindern eine zukunftsgerichtete Politik. Mangelnde Transparenz in der Vergangenheit, ein Denken in Legislaturperioden statt in Jahrzehnten, fördert nun zu Tage, dass wir so gut wie keine Perspektiven mehr haben. Es ist nicht mehr Fünf vor Zwölf, sondern Eins vor Zwölf.

Angesichts der desaströsen Haushaltslage sind wir nunmehr gezwungen, auch unpopuläre Entscheidungen treffen zu müssen. Dies hätte mit einer vorausschauenden Politik in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten verhindert werden können. Nun ist uns jede Handlungsfähigkeit genommen. Wir können heute nur noch den Missstand verwalten.

Dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur werden nun zum Desaster für die Gemeindefinanzen. Ein Beispiel: Über die Fußgängerbrücke in Jüngersdorf, die dringend sanierungsbedürftig ist, wird schon gar nicht mehr gesprochen – in der Hoffnung, dass das Problem von selbst verschwindet. Die Augen vor den Tatsachen zu verschließen, ist keine Lösung.

Jetzt müssen konstruktive Lösungen her. Wir müssen jetzt handeln.

Der Kreis wird seine Umlagen erhöhen. Spätestens 2023 sind auch dort die Rücklagen verbraucht, die verwendet wurden, um die Kreis- und Jugendamtsumlage nicht so exorbitant steigen zu lassen. Dies ist 2024 vorbei und von da an werden wir mit wesentlich höheren Umlagen rechnen müssen.

Was wir als FDP-Fraktion bereits erreicht haben, ist die Veröffentlichung des Haushaltsentwurfs vor der Beschlussfassung, die bis 2021 rechtswidrig unterblieb, sowie die Einführung eines interaktiven Haushalts auf der Webseite der Gemeinde. Ein erster Schritt in Sachen Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger.

Mit unseren Anträgen der vergangenen anderthalb Jahre stellen wir Freie Demokraten klar, dass es keine Denkverbote mehr geben darf. In Bezug auf die Haushaltspolitik fordern wir einen umfassenden Einblick in die laufenden Finanzierungen der Gemeinde. Dies beinhaltet eine Auskunft über die Kreditrahmen, die laufenden Kredite, die Fristen und die Zinssätze.

Eine Kreditlinie in Höhe von 35 Millionen Euro für die kurzfristige Liquidität lehnen wir aufgrund der uns unbekannten Parameter ab. In anderen Kommunen ist es üblich, darüber transparent Auskunft zu erteilen. Am Ende des Tages benötigen wir eine Schuldenbremse für Langerwehe!

Ein Hebesatz in Höhe von 820 Punkten bei der Grundsteuer B – wie vom Bürgermeister gefordert und der SPD unterstützt – ist mit uns nicht machbar. Erst recht nicht eine Erhöhung auf 880 Punkte, wie die CDU vorschlägt, oder gar eine Erhöhung auf 1.000 Punkte, wie die GAL es möchte.

Die mit Blick auf die Weltwirtschaftslage stetig steigenden Preise treffen die Menschen und Betriebe in unserer Gemeinde mit voller Wucht. In dieser angespannten Lage gilt es, sie zu entlasten, statt sie weiter zu belasten.

Eine ständige Erhöhung der Grundsteuer B und der Gewerbesteuern macht unsere Gemeinde unattraktiv im Wettbewerb mit anderen Kommunen. Wie wollen wir junge Familien und Betriebe in unsere Gemeinde holen, wenn die Steuern ins Unermessliche steigen? Höhere Steuersätze führen außerdem nicht zwangsläufig zu mehr Steuereinnahmen. Zudem sinken die Schlüsselzuweisungen.

Trotz regelmäßiger Steuererhöhungen ist in der Vergangenheit das Eigenkapital verbraucht worden. In 2024 werden wir nur noch 200.000 € Eigenkapital haben. Dies kann den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr zugemutet werden. Uns droht die Überschuldung wie in einer Ruhrgebietsstadt. Und dies bei unserem Potenzial, unserer Lage und unserer guten Infrastruktur.

Uns bleibt heute daher keine andere Wahl als den vorgelegten Haushaltsentwurf abzulehnen.

Wir Freien Demokraten fordern nicht nur, wir haben auch konstruktive Lösungsvorschläge.

Wir benötigen ein Finanzcontrolling. Die Kennzahlen der Gemeinde müssen überwacht werden und es muss rechtzeitig, bei negativen Veränderungen, eingegriffen werden. Zunächst muss aber eine Bestandsaufnahme erfolgen. Wo ist Einsparpotenzial und wo mangelt es an Effizienz?

Die Abgabe der Kitas an den Kreis ist nun zügig durchzuführen.

Die Neubau- und Gewerbegebiete müssen zügig entwickelt werden. Am Horizont zeichnen sich erste Risiken am Immobilienmarkt ab. Dazu gehört ein bereits jetzt moderater Anstieg der Zinsen.

Wir brauchen eine Prioritätenliste bei notwendigen Investitionen und eine Vorausschau für künftig anstehende Investitionen.

Am Ende des Tages brauchen wir ein Ende von Denkverboten. Wir müssen die dicken Bretter bohren. Und hierfür fordern wir insbesondere die beiden großen Fraktionen im Rat auf, über ihren Schatten zu springen und den Mut zu zeigen, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Die finanzielle Situation der Gemeinde ist dramatisch. Die Lage ist zu ernst, als dass wir uns weiterhin parteipolitisches Geplänkel leisten können. Wer das weiter versucht, übersieht, was die Uhr geschlagen hat und steht nicht zu seiner Verantwortung gegenüber der Wählerschaft.

Zukunft braucht finanzielle Stärke und Ideen. Denken wir endlich in Jahrzehnten und nicht nur bis zur nächsten Wahl.

Zum Ende möchten wir uns bei der Verwaltung, insbesondere bei Frau Dick und ihren Kolleginnen und Kollegen der Kämmerei für die gute Zusammenarbeit während der Haushaltsberatungen bedanken.